Anzeige

Sonja Kirchberger "Glück ist Disziplin"

Sonja Kirchberger
Sonja Kirchberger
© Robert Grischek für Gala
Dominante Erotik: Ein einziger Film schaffte es, das Image von Sonja Kirchberger dauerhaft zu prägen. Und heute? "Gala" erlebte bei Interview und Shooting eine nachdenkliche Frau, die in sich ruht

Sie setzt sich im Restaurant des Hotels "Park Hyatt Hamburg" so, dass sie den Raum im Rücken hat. Weil sie nicht gern angestarrt wird. Und weil sie sich ganz aufs Gespräch konzentrieren will. Man könnte sagen, dass sich in dieser kleinen Szene die Wegstrecke ablesen lässt, die Sonja Kirchberger, 48, in den letzten 25 Jahren zurückgelegt hat. Weg von der tief dekolletierten "Venusfalle" auf den Titelseiten etlicher europäischer Magazine - hin zur überzeugten Yogini. Doch ganz so plakativ ist das Leben bekanntlich nicht.

Bewegung ist Sonja Kirchbergers Lebenselixier. Mit zehn tanzte sie an der Wiener Staatsoper, heute biegt sie sich auf der Yogamatte.
Bewegung ist Sonja Kirchbergers Lebenselixier. Mit zehn tanzte sie an der Wiener Staatsoper, heute biegt sie sich auf der Yogamatte.
© Robert Grischek für Gala

Unser zweitägiges Treffen - Dinner, Gespräch, Shooting - ist ein Lehrstück darüber, wie viel man noch über einen Menschen erfahren kann, den man seit einem Vierteljahrhundert als öffentliche Person zu kennen glaubt: unnahbar, dunkel, erotisch und in Herzensdingen unentschlossen. Nichts davon kommt zum Vorschein, wenn man Sonja Kirchberger erlebt, wie sie beim Essen auf jede Routinenachfrage des Kellners aufrichtig zugewandt antwortet. Wie sie sich begeistert über das kleine Creuset-Töpfchen freut, in dem die Sauce Bernaise gereicht wird. Und wie sie nach dem Shooting am nächsten Tag ruft: "Jetzt müssen wir aber noch ein Foto vom ganzen Team machen!"

Sonja Kirchberger weiß um ihr Image - und ignoriert es. Sie lamentiert nicht darüber, dass die Presse sie stets an ihre erste Rolle erinnert, sondern sagt: "Bei mir ist mehr in Erfüllung gegangen, als ich mir wünschen konnte."

Sie sucht das Jetzt, nicht den Blick zurück: "Mein Vater ist sehr früh gestorben, und ich war mein Leben lang immer wieder mit dem Tod konfrontiert. Vielleicht kommt es daher, dass ich nicht an Lebensabschnitte glaube, sondern an den Augenblick. Der Augenblick von gestern gehört mir nicht mehr. Selbst das Glück von gestern ist abgestanden. Und das Morgen gehört uns noch nicht."

Entspannt der 50 entgegen: Nächstes Jahr feiert Kirchberger den runden Geburtstag.
Entspannt der 50 entgegen: Nächstes Jahr feiert Kirchberger den runden Geburtstag.
© Robert Grischek für Gala

Geradlinig ist ihr Weg nicht verlaufen. Als Zehnjährige tanzt sie an der Wiener Staatsoper Ballett, wird später Zahntechnikerin und Model. 1988 entdeckt Regisseur Robert van Ackeren ("Die flambierte Frau") sie in einem Möbelkatalog für die "Venusfalle", ein erotisch aufgeheiztes Beziehungsdrama. Kirchberger ist da 23 und Mutter einer vierjährigen Tochter. "Janina hat mir so viel reales Leben gegeben, dass mir von Anfang an klar war:

Das Showbusiness ist eine fiktive Welt. Als wir 1988 in Cannes waren, gab es vorm Hotel einen Massenauflauf. Zuerst dachte ich, da ist was Schlimmes passiert, bis mir klar wurde, dass das Fotografen sind, die auf mich gewartet haben. Danach habe ich meine Mutter angerufen und gesagt: ,Mama, die sind hier alle verrückt. Ich will nach Hause!‘"

Doch sie hat Blut geleckt und geht zur Schauspielschule nach Los Angeles. Tochter Janina ist dabei, lebt aber auch immer wieder bei ihrem Vater, einem Wiener Anwalt, von dem Sonja Kirchberger sich zwei Monate nach Janinas Geburt getrennt hat. Zurück in Europa lässt sie sich auf Mallorca nieder, bekommt 1998 mit dem Wiener Marketingexperten Klaus Eggenfellner Sohn Lee-Oscar. Lee kommt dramatisch zu früh auf die Welt: "Die acht Wochen, in denen man mir nicht sagen konnte, ob mein Kind am nächsten Tag noch leben wird, stecken mir heute noch in den Knochen. Gerade gestern erst musste ich wieder deswegen weinen." Sie wird zur Glucke, wie sie selber sagt, verliert jegliches Vertrauen ins Leben, hat depressive Phasen: "Ich glaube, für Janina war ich eine tolle Mutter, weil ich da noch eine Art Susi Sorglos war. Bei Lee war ich eine ganze Weile sehr schrecklich, bin immer zwei Schritte vorgegangen, um ihn vor Gefahren zu schützen." Die Beziehung zu Eggenfellner zerbricht. Schauspielkollege Jochen Nickel tritt in Sonja Kirchbergers Leben. Lee sagt heute, er habe zwei Väter: Klaus und Jochen, die übrigens inzwischen eng befreundet sind.

Karfreitag ist Sonja Kirchberger im Historiendrama "Liebe und Tod auf Java" zu sehen (ARD, Freitag, 29. März, 20.15 Uhr).
Karfreitag ist Sonja Kirchberger im Historiendrama "Liebe und Tod auf Java" zu sehen (ARD, Freitag, 29. März, 20.15 Uhr).
© ARD

Lee ist auch der Grund, warum Sonja Kirchberger nun nach Berlin zieht. Er soll raus aus der überschaubaren Community in Palma, sich in der Großstadt entfalten. Ab Sommer wohnen Mutter und Sohn in direkter Nachbarschaft von Jochen Nickel, von dem Kirchberger seit einem guten Jahr getrennt lebt. "Er ist ein so weiser Mensch. Ich verstehe nicht, warum wir uns eigentlich getrennt haben. Es ging sehr stark von mir aus, ich wollte wissen: Wie ist das, allein aufzuwachen? Mal nur mit mir zu sein oder mit den Mädels einen Fernsehabend machen." Denn Single ist Kirchberger zuvor nie gewesen, ein neuer Mann derzeit nicht in Sicht. Doch sie scheint es gut aushalten zu können, dass die Zukunft nicht wie ein offenes Buch vor ihr liegt. "Ich suche die Leere", sagt sie. Zu dieser Einstellung fand sie übers Yoga. Dieses Jahr lässt sie sich zur Yogalehrerin ausbilden. Nicht, um zu praktizieren, sondern um ihr Wissen zu mehren. Deshalb machte sie 2008 auch eine psychotherapeutische Ausbildung. "Eine gigantische Reise", schwärmt sie.

Beim Dessert, einer liebevoll arrangierten Früchtelandschaft, erzählt Sonja Kirchberger, dass sie jenseits materieller Begehrlichkeiten aufwuchs: Die Eltern hatten bewusst kein Auto, versorgten sich über ein gepachtetes Feld selbst mit Gemüse, sogar die Seifenlauge rührte ihre Mutter selbst an. "Heute haben wir alles und noch mehr. Man kann sich so schnell unzufrieden machen, weil man künstlich Bedürfnisse herstellt." Sätze wie diese sind meilenweit von den aggressiv erotischen Sprüchen früherer Interviews entfernt. Es sind natürlich keine neuen Lebensweisheiten, die Sonja Kirchberger im Laufe des Abends sagt. "Glück ist Disziplin" oder "Ich lebe so einfach, und diese Einfachheit gibt mir ein Stück Freiheit". Doch um Originalität geht es nicht. Sonja Kirchberger wirkt stimmig und lebt das, was sie sagt. Auch beim Shooting tags drauf ist das ganze Team überrascht, wie entspannt, ja fast bescheiden sie ist.

Nach zwei Tagen wundert man sich: Wie konnte man diese unkomplizierte, zugewandte Frau je für aufdringlich sexy halten? Vielleicht hat sich Sonja Kirchberger einst dem Bild angepasst, das die Medien von ihr machten. Doch das ist vorbei.

Bettina Klee

Mehr zum Thema

Gala entdecken

VG-Wort Pixel